Aus den Annalen des Kreisarchivs - Teil 1
[Wetteraukreis] Wer schon einmal eine Kreistagssitzung besucht oder sich aus einem anderen Grund im Friedberger Kreishaus umgeschaut hat, hat vielleicht auch die „Ahnengalerie“ der Landräte des Wetteraukreises bemerkt. In den kommenden Wochen möchten der dortige Sonderfachdienst Kommunikation aus den ersten Amtsblättern des 1832 gebildeten Kreises Friedberg berichten. Es werden dabei keine spektakulären Ereignisse vorgestellt, sondern das ganz normale gemeindliche Zusammenleben. Was bewegte die Menschen der Region vor mehr als 170 Jahren?
Interessant, dass sich manches nur wenig verändert hat
Der erste Landrat des Kreises war Kreisrat Friedrich August Küchler, von 1832 bis 1848 Leiter der Verwaltung des Kreises Friedberg. Küchler war es, der im Jahre 1843 das erste Amtsblatt des „Großherzoglich Hessischen Kreisraths des Kreises Friedberg“ veröffentlichte. Im Vorwort vom 3. Januar 1843 heißt es: „Nach höchster Entschließung vom 17. November 1842 werden von Anfang dieses Jahres an, alle an die mir untergeordneten Behörden gerichteten allgemeinen Ausschreibungen und Polizei-Verfügungen von bleibender Geltung, in einem ausschließlich hierzu bestimmten Amtsblatte abgedruckt und den betreffenden Lokal-Behörden mitgetheilt werden.“
Ein Polizeidiener muss auch lesen und schreiben können
Gleich im ersten Amtsblatt ergeht an die „Großherzoglichen Bürgermeister und Lokal-Polizeibehörden“ folgende Anordnung betreffend die Anstellung und Verpflichtung der Polizeidiener: „Friedberg am 6. Januar 1843. „Zur Handhabung einer guten Lokalpolizei ist es durchaus erforderlich, daß die Polizeidiener oder die deren Stelle vertretenden Ortsdiener nur ganz tüchtige Leute seyen.
Damit ich hierüber versichert seyn kann, weise ich Sie an sich inskünftige in Ihren berichtlichen Vorschlägen zu diesen Stellen stets über Alter, Gesundheitsumstände, bisherige Aufführung, nüchternen Lebenswandel und Beschäftigung des vorgeschlagenen Individuums sowie auch darüber pflichtmäßig bestimmt auszusprechen, ob der Vorgeschlagene fertig lesen und schreiben kann.“
Im weiteren Text fordert Küchler die Bürgermeister und Polizeibehörden auf, die Dienstführung der Polizeidiener streng zu überwachen und „jede Dienstwidrigkeit, resp. Dienstvernachlässigung zur geeigneten Bestrafung bei mir anzuzeigen.“
In der Eidesformel, die die Polizeidiener abzulegen haben, heißt es unter anderem, dass sie ihren Dienstpflichten im ganzen Umfange gewissenhaft nachzukommen haben, „insbesondere für Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Sittlichkeit zu allen Zeiten und nach allen Ihren Kräften wirken“.
Im zweiten Amtsblatt geht es um das „Verfahren der Bürgermeister (Lokalpolizeibehörden) bei Polizei-Übertretungen, Verbrechen und tragischen Fällen“. Hier heißt es unter anderem: … durch Bewachung in dem vorherigen Stand zu erhalten
„Bei Verunglückungen, Selbstentleibungen und anderen tragischen Fällen haben Sie vor Allem dafür zu sorgen, daß die betreffende Person in eine Lage versetzt wird, welche die Möglichkeit ihrer Rettung gewährt, z. B. daß der Erhängtgefundene augenblicklich abgeschnitten werde. Zugleich sind unverzüglich die geeigneten Rettungs- resp. Wiederbelebungs-Versuche, womöglich unter Zuziehung des Physicats-Arztes oder Wundarztes, oder des nächsten practischen Arztes zu veranlassen, im Uebrigen aber der thatsächliche Befund des betreffenden Ereignisses durchaus nicht zu verrücken, vielmehr nöthigenfalls durch Bewachung in dem vorherigen Stand zu erhalten, bis das Gericht in der Sache verfügt haben wird.“
Quelle: Wetteraukreis