Winterlicher Spaziergang mit Redaktionshund Leo (c) HESSENMAGAZIN.de
[Hessen] Es wird gesagt, wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Oder war es umgekehrt...? Egal - übersetzt soll das bedeuten, nichts ist ausschließlich schlecht, und nicht alles ist wirklich immer gut. Aber um die Gut-Anteile herauszufiltern und schlechte als solche zu erkennen, müssten wir nachdenken, bevor wir das Optimale für uns wählen.
Doch wir urteilen lieber: "Gut, machen wir mal - warum denn nicht..." Und das blitzschnell, weil wir ja dauernd etwas zu entscheiden haben. Wer könnte es sich auch noch leisten, in diesen Zeiten etwas zeitraubend zu hinterfragen, abzuwägen und gründlich zu bedenken, wenn uns pro Tag und Stunde ständig (zu) viele Informationen erreichen? Unablässig muss etwas entschieden werden. Und wenn es nur der Hamburger (als Menü?) oder zum Mitnehmen (?) ist.
Damit wir nicht lange nachdenken, sondern durch ausgeklügelte Methoden unter Zeit- oder Erfolgsdruck zum willigen bzw. hilflosen 'Opfern' mutieren, wird zusätzlich strategisch Stress gemacht.
Beispiele für die Hetzmethode "jetzt oder gar nicht"
- Günstige Waren-Strom-Flatrate-Angebote: Beeilung ist angesagt, sie sind in der Regel zeitbeschränkt verfügbar (und zwar absichtlich) oder in Kürze ausverkauft...
- Twitter oder WhatsApp: Moderne Kommunikation - kurz, knapp und schneller als der Wind über das Internet in unsere Smartphones (mit einem kleinen Umweg über Datensammler). Traumhaft, ständig ansprechbar zu sein. Wer sich ausklinkt gilt als doof...
- Private Liebhaber(in)suche: Gerade wieder gegen den eigenen Willen Single geworden? (#) Dann nichts wie ab in eine der Börsen im Internet, und Zack ist ein Date online verabredet. Man / frau ist sich schnell einig. Schon die Anmeldung ist ja ein ZU-Geständnis. Es müssen nur noch Bedingungen ausgehandelt werden. Klappt das nicht in angemessener Zeit, dann zurück zu (#)...
Doch: Qualität im Leben braucht Zeit!
- Ins Lernen investieren möchte kaum jemand: Finger drauf und gewischt - all easy, Ausflugsroute geplant oder gleich ansagen lassen. Karte lesen ist altmodisch, ja echt laaaangweilig. Dumm allerdings, dass man vielleicht hin und wieder ganz woanders landet - eventuell in Altenstadt (Oberbayern) anstatt um die Ecke in Altenstadt (Wetterau)... Dann geht die eingesparte Zeit blöderweise für den Rückweg drauf.
- Nachdenken ist notwendig für dauerhaft gute Entscheidungen: Das Für und Wider gründlich abzuwägen ist eine der Voraussetzungen dafür. Doch genau das will gekonnt (gelernt) sein. Und dafür müsste man Zeit aufwenden...
- Körperliches Training ist bekannt als zeitraubender Akt: Von heute auf morgen baut niemand Muskeln auf oder bekommt einen dicken Bauch weg. Wer hätte jedoch schon täglich Lust, sich anzustrengen und von der Couch zu rollen, wenn es anders einfacher geht...
- Essensumstellung: Essen Sie mehr XX (Gemüse / Gesundes / Ballastreiches...) wird empfohlen... Schmeckt aber nicht. Kulinarische Liebhaber von fettig-feuriger Bratwurst auf Kohl-Kartoffelsuppe von einem auf den anderen Tag einzuschwören, klappt kaum. Lieber leben solche Menschen mit knirschenden Gelenken und schwindender Kraft im Alter, als sich eine längere Zeit zur Umgewöhnung zu nehmen...
Zukunftsträchtig ist das spontane, ungeduldige Hin-und-her-Stolpern im Leben auf keinen Fall. Gleichwohl ist es der übliche Trend. Muße, in Gelassenheit verbrachte Zeit (wie ein Angler am Fluß), gilt nicht als modern. Chillen ist angesagt. Aber das funktioniert nur in der Menge mit Musik auf den Ohren und einem Glas in der Hand, umringt von Freunden...
Manchmal glaubt man in einer MATRIX zu leben, in der uns von unsichtbaren Mächten immer mehr geistige Beschränkung in Zusammenhang mit Zeitverknappung verordnet wird. Zugunsten von Konsum (haben wollen) und Zeitersparnis (jetzt gleich) werfen viele von uns freiwillig das Denken über Bord. Ohne das geht allerdings dieses tolle Gefühl Stolz (auf sich / eine Leistung / Durchhalten) flöten. Man brüstet sich dann eher, etwas billig / besonders / einmalig oder fast geschenkt bekommen zu haben. Irrtum, morgen wird es in der Zeitungsbeilage als Sonderangebot angepriesen...
Mögliche Lösung aus dem Dilemma: Sich gut informieren, gründlich nachdenken und dann blitzschnell entscheiden :-)
Quelle / Urheberin: Brigitta Möllermann (bm) HESSENMAGAZIN.de
119