RSF / ROG: Wie die US-Regierung autoritäre Praktiken salonfähig macht

Montag, den 21. Juli 2025 um 07:07 Uhr News Ticker - Offene Worte
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Pressefreiheit - Symbolbild (c) Microsoft Copilot[Welt] Seit sechs Monaten ist US-Präsident Donald Trump im Amt. In dieser Zeit hat seine Regierung die amerikanische Presse in einer Weise angegriffen, die an autoritäre Regime erinnert. Trump denunziert Journalistinnen und Journalisten in der Öffentlichkeit, überzieht Medien mit kostspieligen Gerichtsklagen und stoppt staatliche Finanzierungen. Unliebsame Medien sollen eingeschüchtert oder – wie im Fall von Voice of America – gänzlich beseitigt werden. Viele dieser Methoden sind nicht neu: In Ungarn beispielsweise geht Viktor Orbán ähnlich gegen die eigenen Medien im Land vor.

„Die autoritären Tendenzen der US-Regierung führen nicht nur im eigenen Land zur Einschränkung der Pressefreiheit“, sagt Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen (RSF). „Sie haben weltweite Auswirkungen. In manchen Ländern wird der amerikanische Präsident sogar zu einem Vorbild für andere autoritäre Staatsoberhäupter und dient ihnen zur Rechtfertigung, wenn sie regierungskritische Medien ausschalten wollen.“

Zahlreiche Beispiele aus den ersten sechs Monaten von Trumps zweiter Amtszeit zeigen, mit welchen Mitteln er gezielt gegen ihm unliebsame Medien vorgeht – oft in erschreckender Nähe zu den Taktiken autoritärer Regierungen weltweit.

Gerichtsklagen und wirtschaftlicher Druck

Eines von Donald Trumps bevorzugten Instrumenten, um Probleme zu beseitigen, ist der Gang vor Gericht: Wiederholt verklagte er Medienhäuser, wie den TV-Sender ABC, weil ihm deren Berichterstattung nicht passte. „Lawfare“, der strategische Einsatz von Gesetzen zur Behinderung eines Gegners – in diesem Fall der Pressefreiheit – wird häufig von despotischen Führungen gegen die Medien eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist der salvadorianische Präsident Nayib Bukele, der die Medienhäuser im Land mit kostspieligen Prozessen vernichten will.

Medienbesitz: Kontrolle durch Gefolgsleute

Eine weitere Taktik ist, durch Deals mit vermögenden Freunden und den Einsatz von Gefolgsleuten an der Spitze großer Medienunternehmen, die Presse unter Kontrolle und auf Regierungskurs zu bringen. Trumps Klage gegen den Medienkonzern Paramount, dem der Nachrichtensender CBS gehört, endete mit einem Vergleich, der den Weg für Skydance-CEO David Ellison frei machte, das Unternehmen zu übernehmen.

Ellison ist der Sohn des milliardenschweren Oracle-Mitgründers Larry Ellison, der mit Trump befreundet ist. Er soll sich bereit erklärt haben, zum Dank für die Genehmigung der Fusion Werbung für Trump-Themen im Wert von etwa 16 Millionen Dollar zu schalten.

Ähnliche Medienaufkäufe durch regierungsnahe Oligarchen sind auch aus Ungarn bekannt. Sie ermöglichten der Partei von Viktor Orbán, die Kontrolle über rund 80 Prozent der Nachrichtenmedien des Landes zu übernehmen.

Zerschlagung öffentlich-rechtlicher Medien

Um den in seinen Augen „linksradikalen“ öffentlich-rechtlichen Medien zu schaden, versucht Trump, ihnen den Geldhahn abzudrehen – auch das ist eine bewährte Taktik von autoritären Regierungen. Im Fall der Rundfunksender National Public Radio (NPR) und Public Broadcast Service (PBS) hat Trump bereits Erfolg: Der Senat billigte am Donnerstag die geplanten Milliardenkürzungen. Vor allem kleine Sender in ländlichen Regionen sind davon stark betroffen. Immer mehr Amerikanerinnen und Amerikaner verlieren damit den Zugang zu lokalen Nachrichten, die, zum Beispiel im Fall von Naturkatastrophen, Leben retten können. In ähnlicher Weise hat der frühere brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, dessen Regierung Medienschaffende und auch RSF illegal überwacht hat, versucht, die öffentliche Rundfunkanstalt Empresa Brasil de Comunicação (EBC) zu zerschlagen.

America First: Globale Auswirkungen von Trumps Medienpolitik

Nicht nur die Medien in den USA sind von den Maßnahmen der US-Regierung betroffen: Auch die Finanzierung für staatliche US-Auslandssender wie Voice of America (VOA) und Radio Free Europe/Radio Liberty ließ Trump radikal kürzen. Hunderte Mitarbeitende wurden entlassen oder beurlaubt. In Dutzenden autoritären Staaten versiegte damit eine wichtige, von den jeweiligen Regierungen unabhängige Informationsquelle. Zusammen mit den Angestellten von VOA hat RSF dagegen geklagt – eine endgültige Entscheidung steht noch aus.

Mit der Abwicklung der US-Entwicklungsbehörde USAID strich die Regierung außerdem Milliardenhilfen für Medien auf der ganzen Welt, die auf diese Unterstützung dringend angewiesen sind. Zahlreiche Medienorganisationen mussten ihre Arbeit reduzieren oder einstellen. Die Folgen gehen weit über die wirtschaftlichen Konsequenzen hinaus, wie zum Beispiel in Serbien deutlich wurde: Dort führte die Regierung eine Razzia in den Büros des Center for Research, Transparency and Accountability (CRTA) durch, der Nichtregierungsorganisation, die hinter der Faktencheck-Website Istinomer.rs steht. Die Staatsanwaltschaft begründete die Razzia mit Vorwürfen der Trump-Administration, dass Empfänger von USAID-Hilfsgeldern „Gelder missbraucht“ hätten.

Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten, die über Proteste berichten

Auch Polizeigewalt ist ein häufiges Mittel von autoritären Regierungen, um Medien einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen: RSF dokumentierte mindestens 60 gewaltvolle Übergriffe auf Journalistinnen und Journalisten während der jüngsten Proteste in Los Angeles gegen die Abschiebepolitik der Regierung. Die meisten Übergriffe gingen von Sicherheitskräften aus, nur wenige von Demonstrierenden.

Brutales Vorgehen gegenüber Journalistinnen und Journalisten, die über regierungsfeindliche Proteste berichten, ist auch in Ländern wie Serbien, der Türkei und Georgien üblich. In Georgien wurden im Jahr 2024 mehr als 70 Medienschaffende angegriffen, als sie über Proteste berichteten.

Redaktionelle Einflussnahme und Bestrafung

Wie in vielen autoritären Regimen üblich, versucht auch Trump, gezielt in redaktionelle Entscheidungen einzugreifen. Er bestraft Medien für Inhalte, die nicht dem Narrativ der Regierung entsprechen: Weil die Associated Press (AP) den Golf von Mexiko nicht Golf von Amerika nennen will, schlossen Trump und sein Team Reporterinnen und Reporter der Nachrichtenagentur von Veranstaltungen aus dem Weißen Haus aus.

RSF sieht darin eine klare Botschaft an andere Medien: Wenn sie sich nicht anpassen, drohen Bestrafungen und aggressive Behinderungen ihrer Arbeit.

Verleumdungskampagnen gegen Journalistinnen und Journalisten

Durch öffentliche Verleumdungskampagnen versuchen autoritäre Regierungen, das Vertrauen in unabhängige Medien nachhaltig zu zerstören. Trump ist bekannt für seine feindselige Rhetorik gegenüber der Presse. Auch viele andere Staatsoberhäupter denunzieren Journalistinnen und Journalisten öffentlich. Der argentinische Präsident Javier Milei ist einer von ihnen: Er begann im April 2025, den Slogan „Wir hassen Journalisten nicht genug“ zu verwenden – unter der Trump-Anhängerschaft ist das frappierend ähnliche Mantra „You don‘t hate the media enough“ beliebt.

Diese Beispiele zeigen: Donald Trumps systematische Angriffe auf die Medien folgen dem Muster autoritärer Regierungen – von wirtschaftlichem Druck über Einflussnahme bis hin zu gezielter Einschüchterung. Diese Entwicklungen gefährden nicht nur die Pressefreiheit in den USA, sondern senden ein fatales Signal an andere Staatsoberhäupter weltweit.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen stehen die USA auf Platz 57 von 180 Staaten.

Quelle Text und mehr: www.reporter-ohne-grenzen.de/usa


Gut zu wissen

Reporter ohne Grenzen (ROG) - französisch: Reporters sans frontières (RSF) - ist eine international tätige Nichtregierungsorganisation, die sich seit 1985 für Pressefreiheit und gegen Zensur weltweit einsetzt. Sie wurde 1985 in Montpellier, Frankreich, von vier Journalisten, gegründet zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten und für freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit. Die deutsche Sektion ist seit 1994 als gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin aktiv.

Leitprinzip ist begründet im Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: Das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Die Aufgaben

Pressefreiheit ist kein Privileg, sondern ein Grundrecht – der stille Garant für Demokratie, Transparenz und Gerechtigkeit. In einer Welt, in der Information Macht bedeutet, braucht es mutige Stimmen, die hinschauen, berichten und Fragen stellen. Reporter ohne Grenzen setzen sich weltweit dafür ein, dass diese Stimmen nicht verstummen – und dass Journalismus lebt, wo Schweigen droht.

Quellen: Wikipedia + Microsoft Copilot