[Hessen] Der Handelsverband Hessen e.V. begrüßt die Entscheidung des Hessischen Wirtschaftsministeriums, das laufende Rückmeldeverfahren zu den Corona-Soforthilfen mit sofortiger Wirkung auszusetzen. Das Ministerium setzt alle Fristen aus, bis strittige Punkte geprüft sind – Händler*innen haben damit vorerst Luft und vorerst keine Rückzahlungsverpflichtung.
Moratorium: Die Bearbeitung der Rückmeldungen wird ruhend gestellt, bis die angekündigte erneute Prüfung der strittigen Punkte abgeschlossen ist.
Im Fokus der erneuten Überprüfung stehen unter anderem:
- die fehlende Berücksichtigung negativer Kontostände,
- die Problematik einer möglichen „doppelten“ Rückzahlungsverpflichtung im Juni 2020 (bei gleichzeitiger Sofort- und Überbrückungshilfe),
- die Anrechnung von Eigenmitteln,
- sowie die fehlende Deckungsgleichheit zwischen Betrachtungszeitraum und tatsächlichen Schließzeiten.
Jochen Ruths, Präsident des Handelsverbandes Hessen, erklärt:
„Die heutige Entscheidung ist ein wichtiges und richtiges Signal. Das sofortige Moratorium ist eine vertrauensbildende Maßnahme für den hessischen Handel. Viele Händlerinnen und Händler standen durch das Rückmeldeverfahren unter enormem Druck und hatten große Sorgen, Fristen zu versäumen oder zu Unrecht Rückzahlungen leisten zu müssen. Minister Mansoori hat die Anliegen ernst genommen und im Sinne der Wirtschaft entschieden. Dass die kritischen Punkte nun noch einmal geprüft werden und das Verfahren ausgesetzt ist, verschafft den Betroffenen Luft und die Chance auf faire Anpassungen – das begrüße ich ausdrücklich. Unsere beharrliche Arbeit und unser stetiges Dranbleiben an dieser Thematik haben Wirkung gezeigt und sich für die Händlerinnen und Händler ausgezahlt.“
Für die Betriebe bedeutet das Moratorium: Es drohen aktuell keine Fristversäumnisse.
Quelle: Handelsverband Hessen e.V.
Wichtig zu wissen:
Rückforderungen der Corona-Soforthilfen
Im Frühjahr 2020 wurden in Hessen (wie bundesweit) Corona-Soforthilfen als schnelle Zuschüsse ausgezahlt – bis zu 9.000 € für Solo-Selbstständige und bis zu 15.000 € für kleine Unternehmen.
Sie wurden als „nicht rückzahlbar“ kommuniziert, standen aber rechtlich unter Vorbehalt: Nur wer tatsächlich einen Liquiditätsengpass hatte, durfte die volle Summe behalten.
Ab 2023/24 starteten die Länder die Schlussabrechnung: Empfänger mussten ihre tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben für den Förderzeitraum angeben.
Ergab sich, dass der Liquiditätsengpass geringer war als ursprünglich geschätzt, sollte die Differenz zurückgezahlt werden.
Wer gar keine Rückmeldung abgab, riskierte die vollständige Rückforderung der erhaltenen Hilfe.
Viele Betriebe und Verbände kritisierten das Verfahren als unfair.
Streit gibt es u. a. über:
- Negative Kontostände: Sie wurden nicht berücksichtigt, obwohl sie reale Engpässe darstellen.
- Doppelte Rückzahlungspflicht: Wer Soforthilfe und später Überbrückungshilfe erhielt, sollte teils doppelt zurückzahlen.
- Anrechnung von Eigenmitteln: Auch private Rücklagen wurden als „Liquidität“ gewertet.
- Zeiträume: Der Berechnungszeitraum passte oft nicht zu den tatsächlichen Schließzeiten.
Aktuelle Lage in Hessen (Herbst 2025)
- Das Wirtschaftsministerium hat ein Moratorium verhängt:
- Keine neuen Bescheide werden verschickt.
- Fristen sind ausgesetzt – es drohen aktuell keine Versäumnisse.
- Bereits erlassene Bescheide sollen überprüft werden.
- Die Bagatellgrenze liegt bei 1.000 €: Forderungen darunter werden erlassen.
- Rückzahlungen können später in zinsfreien Raten erfolgen.
Rechtliche Situation
- In Hessen gibt es kein Widerspruchsverfahren mehr. Gegen einen Rückforderungsbescheid muss direkt Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden.
- Eine Klage hat aufschiebende Wirkung: Bis zur Entscheidung muss nicht gezahlt werden.
- Anwälte verweisen auf mögliche Argumente gegen Rückforderungen: Vertrauensschutz, Zuschusscharakter und Härtefälle.
Die Rückforderungen entstehen, weil die Soforthilfen nur für tatsächliche Engpässe gedacht waren. Viele Betriebe haben aber mehr bekommen, als sie nach späterer Berechnung „gebraucht“ hätten. Ob und wie viel zurückgezahlt werden muss, ist in Hessen derzeit offen – das Verfahren ist gestoppt, bis die strittigen Punkte geklärt sind.
Quelle Zusammenstellung: Brigitta Möllermann, HESSENMAGAZIN.de