Gut drauf und mittendrin: Kultur im ländlichen Raum

Donnerstag, den 27. Oktober 2016 um 10:25 Uhr News Ticker - Aktuelles
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Minikonzert mit Leierkasten im Bad Orber Kurpark (c) HESSENMAGAZIN.de[Hessen] „Ob Gesangsvereine, Heimatmuseen, Rockfestivals oder Poetry Slams: Kultur im ländlichen Raum ist vielfältig. Sie bildet einen wichtigen Teil des Zusammenlebens, schafft Identifikation, lädt zum Mitmachen ein und probiert Neues aus. Doch hat die Kultur auf dem Land es nicht immer leicht – sei es aus finanziellen Gründen oder weil engagierte Kulturschaffende fehlen“, sagte Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser beim 13. Praxisforum der Servicestelle Vitale Orte 2030 im Oktober 2016 in Nidda-Bad Salzhausen

Unter dem Motto „Gut drauf und mittendrin – Kultur im ländlichen Raum“ greift das Forum anhand von vier Projekten diese Problematik auf und zeigt, wie kulturelle Angebote im ländlichen Raum erhalten werden können, was junge und alte Menschen anspricht und wie die Kultur dazu beitragen kann, den demografischen Wandel besser zu bewältigen.

„Kulturelle Angebote auf dem Land sind anders als in der Stadt: Hier erlebt man keine Profis, sondern seinen Nachbarn mit anderen Laienschauspielerinnen und -schauspielern im Dorfgemeinschaftshaus oder in einer alten, umgebauten Scheune. Das alles hat seinen ganz eigenen, besonderen Charme“, so die Staatssekretärin. „Vor allem aber lebt das kulturelle Angebot im ländlichen Raum vom Mitmachen und Mitgestalten.“ Dass es auch auf dem Land viele kulturelle Angebote gibt,  zeigen die Zahlen: Allein in Mittel- und Nordhessen sind rund 34.000 Sängerinnen und Sänger aktiv. Rund 100 Amateurbühnen hatten 2015 etwa 150.000 Zuschauer. Mindestens 156 Orchester musizieren im ländlichen Raum. „Das sind beeindruckende Zahlen und ein Engagement, das erhalten bleiben muss“, betonte die Staatssekretärin.

LEADER-Programm fördert auch Erhalt der kulturellen Angebote

„Aus diesem Grund unterstützt das Umweltministerium mit den Programmen zur Förderung der ländlichen Regionalentwicklung und der Dorfentwicklung Kulturschaffende und ihre Projekte. Dazu zählen etwa Machbarkeitsstudien, die Sanierung von Gebäuden oder die Ausstattung mit Veranstaltungstechnik sowie Marketingmaßnahmen“, so Dr. Tappeser. Insgesamt gibt es in Hessen 24 sogenannte LEADER-Regionen – benannt nach dem europäischen LEADER-Programm für ländliche Regionalentwicklung. In der Dorfentwicklung gibt es inzwischen mehr als 60 gesamt-kommunale Förderschwerpunkte, bei denen sich Bürgerinnen und Bürger aktiv einbringen.

Die vier Projekte aus Hessen, die auf der Tagung vorgestellt wurden, zeigen unterschiedliches Engagement

Das Jugendmusiknetzwerk im Hessischen Kegelspiel (Hünfeld, Landkreis Fulda) führt etwa 150 junge Freizeitmusikerinnen und -musikern zusammen und initiiert seit mehr als zwölf Jahren gemeinsame Projekte, darunter das Jugendkonzert „Winds, Strings and Voices“. Viele Jugendliche sind zur Ausbildung oder zum Studium weggezogen. Damit die Verbindung zu ihrer Heimat nicht abreißt, kommen sie regelmäßig zurück und wirken aktiv in den musikalischen Projekten mit.

Auf dem Land stehen oft Häuser, zum Teil auch denkmalgeschützte Fachwerkhäuser, leer. Das „Denkmal!Kunst-Festival“ ist eine beispielgebende Kunstaktion, die diese Häuser als Kulisse für Ausstellungen, musikalische Events oder Theateraufführungen nutzt. Sie macht auf das einzigartige Potenzial der Bausubstanz aufmerksam und konnte etliche Käufer gewinnen. Zahlreiche Projektgruppen, Künstlerinnen und Künstler, Sponsorinnen und Sponsoren sowie Organisatorinnen und Organisatoren wirken mit.

Wie Kultur auf regionale Produkte aufmerksam machen und gleichzeitig regionale Identität stärken kann, zeigt das „Blues, Schmus und Apfelmus-Festival“ in Laubach. Es wird 2017 zum 24. Mal im Laubacher Schlosspark stattfinden. Ob Apfelkuchen, Apfelbrei, Apfelmost, Apfelschnaps, Apfelmarmelade oder Apfelwein: Produkte rund um den Apfel werden auf dem Bauernmarkt angeboten, kombiniert mit zahlreichen bekannten Bluesbands, dem Kirchenchor mit einem Repertoire aus Blues, Jazz, Swing und Rock, Schau-Keltern, Kinderprogramm und musikalischen Workshops.

Die Kulturinitiative Schlüsselblume e.V. in Eschwege ist eine Plattform, die es möglich macht, Kulturinteressierte zusammen zu bringen und Ideen gemeinsam umzusetzen. Beispiele sind eine Lesebühne oder der Eschweger Poetry-Slam – Kulturangebote, die es ermöglichen, neue Talente zu entdecken und sich mit Texten auseinanderzusetzen.

Auch mit dem Kulturkoffer unterstützt die hessische Landesregierung kulturelle Initiativen

Der Kulturkoffer ist ein Modellprojekt und Förderprogramm der Hessischen Landesregierung, initiiert und durchgeführt vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und koordiniert von der Landesvereinigung Kulturelle Bildung Hessen e. V. Mit den Fördermitteln des Kulturkoffers erhalten Hessens Kulturakteure Gelegenheit, bereits bestehende Erfolgsprojekte im Bereich der Kulturellen Bildung für Kinder und Jugendliche weiterzuentwickeln und innovative Projektideen umzusetzen. Das Ziel ist, das kulturelle Bildungsangebot für in Hessen lebende Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 16 Jahren flächendeckend auszubauen und insbesondere bildungsbenachteiligten jungen Menschen mehr Teilhabe an Kunst und Kultur zu ermöglichen. Auch 2017 können sich Projekte für eine Förderung bewerben.

Hintergrund

Die Servicestelle Vitale Orte 2030 wurde im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Hessen ins Leben gerufen. Sie steht unter Federführung des Hessischen Umweltministeriums und der Bürgermeisterin der Stadt Schotten als Vertreterin des Hessischen Städte- und Gemeindebundes. In der Projektgruppe wirken rund 30 Personen mit, die mit der Entwicklung des ländlichen Raums befasst sind. Sie arbeiten bei Kommunen, Landkreisen, Genehmigungsbehörden, Kirchen, für Naturschutz, Denkmalpflege oder in der Weiterbildung. Ihre unterschiedlichen Aufgaben und Qualifikationen, Zielgruppen, Netzwerke und langjährigen Erfahrungen erlauben einen vielseitigen Blick auf den ländlichen Raum, der Themen und Ansatzpunkte für die Erhaltung vitaler Orte und für die Arbeit der Servicestelle Vitale Orte 2030 identifiziert.

Mehr Informationen erhalten Sie unter: vitale-orte.hessen-nachhaltig.de

Quelle Text: Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz