[Deutschland] In den vergangenen Jahren hat es sich in mehreren deutschen Zoos zur Praxis entwickelt, gesunde „überzählige“ Tiere zu töten. Zahlen dazu werden meist nicht transparent kommuniziert. Während der Nürnberger Tiergarten derzeit weiter den Abschuss von bis zu 20 Pavianen plant, kam es in mindestens zwei weiteren Zoos in dieser Woche zu Tötungen: So erlegte der Schweriner Zoo vor wenigen Tagen zwei asiatische Davidshirsche und verfütterte diese anschließend an die Löwen. Im Zoo Köln mussten zudem zwei Löwenjunge sterben, nachdem die Mutter ihren Nachwuchs nicht angenommen hatte.
Die Situation war aus Tierschutzsicht als Folge falscher Zuchtplanung entstanden, da die Löwin noch ältere Nachkommen zu versorgen hat und zu früh erneut gedeckt worden war.
Deutscher Tierschutzbund fordert einen Kurswechsel
Vor dem Hintergrund dieser Fälle macht der Deutsche Tierschutzbund darauf aufmerksam, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern die Einrichtungen und das Konzept Zoo in seiner derzeitigen Form grundsätzlich an Grenzen stoßen. Er warnt eindringlich davor, das Töten als Teil des üblichen Populationsmanagements zu etablieren.
Statt an der Zucht auf Überschuss festzuhalten - und so wiederkehrende Tötungen kalkuliert in Kauf zu nehmen – sei dringend ein Kurswechsel geboten, der die Verantwortung gegenüber dem individuellen Tier ebenso stärker in den Fokus rücke wie den Schutz der eigentlichen Lebensräume in der Natur.
„Wer Tiere züchtet und vermehrt, hat umso mehr eine Verpflichtung für ihr Wohlergehen! Der Schutz bedrohter Arten ist sinnvoll und wichtig, darf aber nicht den Tierschutz aus dem Blick verlieren. Eine Wiederauswilderung der meisten Tiere ist in naher Zukunft meist gar nicht vorgesehen oder überhaupt möglich. So um jeden Preis Arten zu erhalten, ist eine fragwürdige und einseitige Vorgehensweise - und macht betroffen und traurig!“, kommentiert Paulina Kuhn vom Fachreferat für Wildtiere beim Deutschen Tierschutzbund. „Zoos können sich der Verantwortung gegenüber den einzelnen Lebewesen in ihrer Obhut nicht einfach entziehen. Wenn nicht gewährleistet werden kann, dass Tiere gut untergebracht werden, sollte auf die Zucht verzichtet werden.“
Sinnvoller Artenschutz schließt Tierschutz ein
Der Deutsche Tierschutzbund beobachtet mit Sorge, dass sich die Tötung vermeintlich überzähliger Tiere in den vergangenen Jahren zur gängigen Praxis entwickelt hat. Werden die Tiere anschließend verfüttert, schieben Zooverbände üblicherweise den nach Tierschutzgesetz für die Tötung erforderlichen "vernünftigen Grund" vor.
Von Tierschützern wird dieses Vorgehen als ethisch nicht vertretbar und juristisch fragwürdig eingestuft. Zudem verfolgen Zoovertreter das erklärte Ziel, Tötungen auch bei anderen Arten, etwa Beutegreifern oder Primaten, als “vernünftig” durchzusetzen.
Die Zucht auf Überschuss und anschließende Tötung einzelner Tiere begründen sie oft mit natürlichen Verhaltensweisen der Elterntiere oder Aspekten des Artenschutzes. „Ernst gemeinter Artenschutz schließt allerdings den Tierschutz ein – und konzentriert sich deshalb auf weniger Arten, verbesserte Lebensbedingungen und den Schutz der Lebensräume vor Ort”, so Kuhn.
“Solange die Lebensräume fehlen, bleiben Zootiere lebende Museumsstücke und das Argument des Artenschutzes ohne Substanz.“
Quelle: Deutscher Tierschutzbund e.V.