Blühende Provinz: So wird Meinung gemacht

Mittwoch, den 13. Dezember 2017 um 09:23 Uhr Land - Auf dem Land leben
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Dorf in der Provinz (c) HESSENMAGAZIN.de[Hessen Land] Sie kennen diese Sinnfrage, ob ein Glas halb leer oder etwas als (noch) halb voll angesehen wird. Die Antwort wird vom jeweiligen Blickwinkel bzw. der positiven oder einer negativen Sichtweise entschieden. Fakt jedoch ist: In das Glas passt noch was rein :-) Genauso läuft es auch mit diesen so genannten Studien, die gerne veröffentlicht werden - in der Regel am liebsten von jenen Medien, die täglich eine bestimmte Nachrichten-Sendezeit füllen mussen oder auch ihre Internet- und Zeitungsseiten vollzustopfen pflegen mit möglichst reißerischen Inhalten.

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Beispiel

Rund 1.000 Menschen in Hessen (von insgesamt mehr als 6 Millionen Einwohnern!) wurden befragt

Diesmal ging es für den "Zukunftsmonitor 2017", eine repräsentative Bevölkerungsbefragung in Hessen im Auftrag der Hessischen Staatskanzlei, um die Lebensqualität in Hessen. Die Antworten kamen von 1.102 Leuten ab 18 Jahren per Telefon in der Zeit vom  24.11. bis 5.12.2017.

Die Zusammenfassung der Ergebnisse durch den Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und seinen Stellvertreter Tarek Al-Wazir lautete: „Die aktuelle Bevölkerungsbefragung ‚Zukunftsmonitor‘ zeigt: 94 Prozent der Bürgerinnen und Bürger fühlen sich wohl und leben gerne in Hessen."

Was die Hessenschau daraus macht: "Die Hessen sind zufrieden und bevorzugen das Landleben"

Und wie FOCUS local / Osthessen-News die Sache interpretiert: "De Hessen fühlen sich wohl und leben am liebsten auf dem Dorf"

So what!


Und hier die Ankündigung vom Wirtschaftsminister Al-Wazir aus dem Februar 2017, mit gezielten Programmen die Attraktivität des ländlichen Raumes erhöhen zu wollen: "Der Breitbandausbau, die Ausweitung des ÖPNV oder das Duale Studium Hessen könnten junge Menschen davon abhalten, in die Ballungsräume zu ziehen." Nachlesen <-KLICK


Aufmerken: Der ländliche Raum wird längst subventioniert!

Hessens ländlicher Raum beträgt 80% der Landesfläche

Mehr als die Hälfte aller Einwohner lebt in Dörfern und kleinen Städten. Damit ihr Lebensumfeld samt Erholungswert der Landschaft und dem dazu gehörendem Wirtschaftsraum erhalten bleiben, werden Strategien und Projekte entwickelt.

So fördert das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die besondere Kultur, die vielfältigen Lebensformen sowie den Charakter von Hessens Dörfern und unterstützt seit mehr als 25 Jahren zu diesem Zweck anerkannte LEADER-Regionen. Zurzeit sind es 24 aktuelle in Hessen, die sich zuvor mit Ideen und Gestaltungsvorschlägen zur Entwicklung ihrer Region beworden hatten.

Im hessischen Fördertopf befinden sich mehr als 50 Millionen Euro von EU, Bund und Land

Den Rahmen geben die Ziele von ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) vor. Für die laufende Periode bis 2020 sind für diesen Zweck 40 Millionen Euro bereit gestellt, 2 Millionen Euro kommen vom Bundesprogramm GAK (Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz) dazu, und etwa 10 Milllionen Euro steuert das Land Hessen bei.

Von der Feldforschung bis hin zu Handlungsvorschlägen

Bereits im Jahr 2011 erstellte das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ein knapp 80-seitiges Dokument über "Die Zukunft der Dörfer - Zwischen Stabilität und demografischem Niedergang". Darin steht u. a. geschrieben, dass wir Deutschen zwar ein hoch emotionales Verhältnis zu Wald und Flur, sprich zum romantischen Landleben mit all seinen Sehnsüchten und Mythen haben, aber merkwürdigerweise diese Alternative live NICHT leben möchten. Die Deutschen zieht es also in die urbanen Zentren, wo sich Action und Kultur ballen und wo neue Ideen und neue Unternehmen mit interessanten Jobs geboten werden.


Gut zu wissen

Hessens Einwohnerzahl stieg 2015 auf 6,176 Millionen

Die Bevölkerungszahl Hessens stieg im Jahr 2015 so stark wie seit Beginn der 1990er-Jahre nicht mehr. Nach Mitteilung des Hessischen Statistischen Landesamts nahm die Einwohnerzahl um gut 82 000 oder 1,3 Prozent auf rund 6,176 Millionen im Vergleich zum Vorjahr zu (vorläufiges Ergebnis). Maßgeblich hierfür war die außerordentlich stark gestiegene Zuwanderung aus den Kriegs- und Krisengebieten Asiens sowie die anhaltend starke Zuwanderung aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.

Quelle Zusammenstellung: Brigitta Möllermann, HESSENMAGAZIN.de

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