ÖKO-TEST Trinkwasser: Arzneimittel aus dem Wasserhahn

Freitag, den 29. August 2014 um 08:18 Uhr Gut zu wissen - Lebenselixier Wasser
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ÖKO-TEST Magazin September 2014 (c) ÖKO-TEST Verlag[Deutschland] Um die Qualität des Trinkwassers zu sichern, sind regelmäßige Analysen gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings wird hierbei oft nicht geprüft, ob im Wasser Arzneimittelrückstände enthalten sind – trotz diverser Funde. ÖKO-TEST hat für die September-Ausgabe 2014 in 69 deutschen Städten das Trinkwasser exemplarisch auf Gadolinium untersuchen lassen; das ist ein Stoff, der über MRT-Kontrastmittel in die Umwelt gelangt. Die Laborergebnisse zeigen, dass vor allem in Städten an Rhein und Ruhr Rückstände im Trinkwasser zu finden sind. Aber auch Städte wie Regensburg, Münster, Fürth und Ulm weisen „erhöhte“ oder „leicht erhöhte“ Gadoliniumgehalte auf.

Obwohl Arzneimittelrückstände im Trinkwasser gefunden werden, sind dafür keine Tests vorgesehen

Dass im Grundwasser Rückstände von Arzneimitteln zu finden sind, ist kein Geheimnis: Das Umweltbundesamt weist in einem Bericht aus dem Jahr 2011 bereits 55 Positivbefunde aus, in Oberflächengewässern sogar 131. Medikamente gelangen in das Wasser, weil sie über den Urin und Stuhl ausgeschieden werden oder über die Toilette bzw. den Ausguss entsorgt werden.

Kläranlagen reinigen zwar das Abwasser, doch im Kampf gegen Arzneimittel ziehen sie häufig den Kürzeren. Denn diese sind oft wasserlöslich, so dass sie kaum im Klärschlamm, in Ablagerungsgesteinen oder in Schwebstoffen hängen bleiben. Leider legt die Trinkwasser-Verordnung gesetzlich keine Grenzwerte für Arzneimittelrückstände fest, weshalb bei den Wasserwerken nur eine geringe Bereitschaft besteht, entsprechende Analysen durchzuführen.

ÖKO-TEST hat nun in 69 Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern stichprobenhaft Trinkwasserproben entnommen und exemplarisch auf Gadolinium untersuchen lassen. Dieser Stoff wird als Kontrastmittel in der Magnetresonanztomografie verwendet.

Unser Trinkwasser stammt oft aus Flüssen und Seen (c) HESSENMAGAZIN.de
Unser Trinkwasser stammt oft aus Flüssen und Seen (c) HESSENMAGAZIN.de

Bei der Untersuchung zeigte sich, dass Städte an Rhein und Ruhr, aber auch Westberlin besonders betroffen sind. Der Grund ist, dass ein Teil des Trinkwassers aus Uferfiltraten stammt. Auf den ersten Blick überraschend ist, dass auch in Münster, Nürnberg und Fürth erhöhte oder leicht erhöhte Gadoliniumgehalte gefunden wurden. Während die Befunde für Nürnberg und Fürth nicht ohne weiteres erklärbar sind, könnte es in Münster daran liegen, dass hier ein Teil des Trinkwassers aus Oberflächenwasser gewonnen wird.

Zwar ist von den nachgewiesenen Gadoliniumgehalten keine gesundheitliche Gefahr zu erwarten, weil die analysierten Mengen sehr gering sind. Aber es ist ungeklärt, ob es chronische Effekte nach sich zieht, wenn Menschen dauerhaft geringe Konzentrationen von Arzneimitteln aufnehmen. ÖKO-TEST rät daher: Um den Arzneimitteleintrag in die Umwelt so gering wie möglich zu halten, sollten Dosierungsangaben beachtet werden und kleinste Packungsgrößen gewählt werden. Abgelaufene Medikamente gehören zudem in den Restmüll und nicht in die Toilette.

Weitere Inhalte der Ausgabe

Test: Nüsse und Ölsaaten
Test: Kinderregenjacken
Test: Kindersicherungen
Test: Haaröle
Test: Bettdecken aus Naturmaterialien
Test: Riester-Bausparverträge

Und außerdem:

Quelle und mehr: Das ÖKO-TEST-Magazin September 2014 gibt es seit dem 29. August 2014 im Zeitschriftenhandel. Das Heft kostet 4,50 Euro, als E-Paper 4,49 Euro <-KLICK.


Gut zu wissen

Oberflächengewässer und Uferfiltrate

Ufersand (c) HESSENMAGAZIN.de
Ufersand (c) HESSENMAGAZIN.de

Neben dem Grundwasser ist das Oberflächenwasser einschließlich angereichertem und uferfiltriertem Grundwasser eine wichtige Ressource für die Trinkwassernutzung. Mit einem Anteil von 30,5 % steht es bei der Nutzung an zweiter Stelle. Es stammt zum Beispiel aus Talsperren, Seen und Flüssen.

Das Wasser aus Flüssen wird häufig als Uferfiltrat gewonnen. Hierbei bohrt man in der Nähe eines Flussufers Brunnen, in die das Wasser gelangt, nachdem es durch Sand- und Kiesschichten geströmt ist. Nach einer Verweilzeit von mindestens 50 Tagen ist natürlich gereinigt und wird als Rohwasser gewonnen – das im besten Fall nur noch wenige Aufbereitungsschritte bis zur Verwendung als Trinkwasser benötigt.

Quelle Text: aid.de