Dossier 'Hüter unser Natur': Förster, Bauern, Bürger und Stadtplaner

Donnerstag, den 17. Oktober 2013 um 06:39 Uhr Gut zu wissen - Umwelt
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Unberührte Natur ist selten geworden (c) Brigitta Möllermann[Hessen - Welt] Am Anfang war Natur etwas Selbstverständliches. Sie umgab Menschen und Tiere, ohne dass sich jemand darum kümmern musste. Alles wuchs und gedieh von alleine - nach Regeln, für die sich lange niemand interessierte. Inzwischen ist das "Reich der Natur" zur Umwelt geworden, zu deren Schutz wir uns etwas einfallen lassen müssen. Denn wie Goethe über die Natur schrieb, stimmt es längst nicht mehr: "Sie ist ganz, und doch immer unvollendet. So wie sie’s treibt, kann sie’s immer treiben."

Nachdem wir Menschen Jahrzehnte lang die Natur ausgebeutet haben, dämmert es - wenigsten - einigen von uns, dass das nicht bis in alle Ewigkeit gut gehen kann.

Nicht nur Bauern haben es satt, von Konzernen wie Monsanto ausgetrickst und überrollt zu werden, die sich Patente für Pflanzen und Tiere genehmigen lassen.


Was kann man(n) als Einzelner beitragen zur Weltrettung?

Für uns einfache Menschen sind z. B. "Urban Gardening" und ein Naturgarten am Haus exzellente Möglichkeiten, mitzutun beim Rekultivieren unserer geschundenen Welt. Kluge und weitsichtige Stadtobere legen anstatt langweiliger Grünanlagen "Essbare Städte" an. Manches Buisinesscenter platziert eine Bienenwiese auf dem Hochhausdach.


Landwirte beteiligen sich am Öko-Projekt "Anbau von Wildpflanzen zur Biogasgewinnung"

Ein Feld, auf dem sich Falter, Käfer und Hasen nahezu ungestört wohlfühlen können – und das Landwirte zu Gewinnung von Biomasse nutzen? Was für die einen nach träumerischem Idyll klingt, ist Realität geworden. Der Fachdienst Natur und Landschaft des Landkreises Fulda versucht mit dem gezielten Anbau von Wildpflanzen neue Akzente in der Biogasgewinnung zu setzen. Dabei geht es um eine einzigartige Vernetzung der Ziele von Naturschutz und Landwirtschaft.

„Ausschlaggebend für das Projekt war ein Besuch des Fachdienstleiters Martin Seuring auf dem Hof von Werner Kuhn in Güntersleben, der ein Pionier und mittlerweile Experte auf dem Gebiet der Wildpflanzen ist“, erzählt Rieke Trittin. Sie ist von Seiten des Landkreises für die Koordination zuständig. Vor zwei Jahren hat der Fachdienst die Landwirte angesprochen, die zugleich eine Biogasanlage betreiben. Neun Landwirte sagten zu und ließen sich auf das Experiment ein, nachdem sie zuvor meist auf die Substrate Mais, Grassilage und gesetzt hatten.

Seit dem vergangenen Jahr säen sie auf insgesamt 25 Hektar ihrer Flächen einheimische mehrjährige Stauden wie Beifuß und schwarze Flockenblumen sowie einjährige Blühpflanzen aus. Ökologisch hat das Projekt in mehrerlei Hinsicht Vorteile: Die Biodiversität wird gefördert, es werden weniger Betriebsmittel eingesetzt, die Fruchtfolge wird aufgelockert, die Pflanzen liefern den Bienen Nahrung und im Winter Tieren Unterschlupf. Die Ernte erfolgt zudem nur einmal im Jahr – zu einem Zeitpunkt, wenn die Risiken für Bodenbrüter und Jungtiere geringer sind. Nur einmal im Jahr zu ernten, hat für den Landwirt auch ökonomische Vorteile. Zudem können die Wildpflanzen auch auf für andere Kulturpflanzen weniger geeigneten Flächen angebaut werden.

In diesem Jahr haben die am Versuch beteiligten Landwirte die zweite Ernte eingefahren: „Die Ertragsergebnisse sind sehr unterschiedlich“, bilanziert Trittin und fügt hinzu: „Im ersten Jahr gab es auf einigen Flächen aufgrund der starken Wüchsigkeit der Sonnenblumen Ernteschwierigkeiten. Jetzt, im zweiten Jahr, sind diese einjährigen Pflanzen nicht mehr dabei und die Ernte verlief positiv. Im Durchschnitt sind wir zufrieden, aber es gibt noch Verbesserungspotential, vor allem in Hinblick auf die Mischungszusammensetzung und die Anbauverfahren. Aber alle Landwirte sind neugierig auf den weiteren Verlauf, so dass sie dabei bleiben.“ Für die Projektverantwortliche ist die Ausweitung der Anbaufläche das Ziel. Jederzeit könnten noch neue, interessierte Biogasanlagenbetreiber teilnehmen.

Die Fachdienste Natur und Landschaft sowie Landwirtschaft blicken schon über den eigenen Tellerrand hinaus: „Wir engagieren uns seit 2012 im bundesweiten Projekt Netzwerk Lebensraum Feldflur“, erklären die Fachdienstleiter Martin Seuring und Martin Sudbrock. In diesem Netzwerk haben sich 18 Verbandsvertreter aus den Bereichen Jagd, Naturschutz und Energiewirtschaft zusammengeschlossen. Mehrmals im Jahr finden Informationstreffen statt. Ein greifbares Ergebnis: Durch die vernetzte Zusammenarbeit konnte bereits ein Praxisratgeber für Landwirte entwickelt werden. Die Beteiligten tauschen darüber hinaus Versuchsergebnisse aus und planen gemeinsame Auftritte zum Beispiel bei Messen.

„Auch setzen wir uns in der politischen Debatte dafür ein, dass die Flächen innerhalb des Greenings berücksichtigt werden“, wirft Sudbrock einen Blick in die Zukunft. Im Rahmen der EU-Agrarpolitik sollen laut Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ab dem Jahr 2015 Direktzahlungen an Landwirte stärker als bislang an erbrachte Umweltleistungen geknüpft werden. Zum Beispiel sind Landwirte dann in der Pflicht, fünf Prozent ihrer Ackerflächen als sogenannte ökologische Vorrangflächen bereitzustellen. Ein Feld, auf dem Wildpflanzen Heimat für Insekten, Falter und Hasen bieten, könnte die geforderten Kriterien erfüllen – und würde sich für die Landwirte über den Nutzen für die eigene Biogasanlage hinaus bezahlt machen. (Quelle: Landkreis Fulda)


Selbst die Amerikaner beginnen auf Nachhaltigkeit zu achten

Auf der weltweit führenden Ernährungsmesse ANUGA Anfang Oktober 2013 in Köln haben die großen amerikanischen Exportorganisationen für Soja, Reis, Geflügel oder Meeresfrüchte ihre Initiative gestartet, die Nachhaltigkeit der amerikanischen Landwirtschaft bekannter zu machen. Mit Blühstreifen, angereicherten Humushorizonten und Begrünung von vegetationsfreiem Land verhindern Landwirtschaftsprogramme Winderosion und den Verlust an Biodiversität. Seit den großen Staubstürmen in den 1930er Jahren hat sich in der amerikanischen "Farm Bill" ein umfangreiches Gesetzespaket entwickelt, das bis hin zu Sanktionsmöglichkeiten mit den Agrarumweltmaßnahmen der europäischen Agrarpolitik vergleichbar ist.

Die Nachhaltigkeitsinitiative "This is how wie grow" richtet sich vordergründig an den Lebensmitteleinzelhandel, der mit der Listung amerikanischer Produkte zögerlich ist. David Green, Berater der Nachhaltigkeitsinitiative kennt auch den Grund: Das Image der amerikanischen Landwirtschaft ist vor allem in Europa überwiegend negativ: Hochindustrialisierte Betriebe ernten von riesigen Feldern Monokulturen mit gentechnisch veränderten Pflanzen.

Vor dem Hintergrund der Freihandelsgespräche zwischen den USA und der EU soll die Initiative zum gegenseitigen Kennenlernen einladen. Die amerikanische Landwirtschaft hat viele Facetten. Ganze Regionen sind kleinbäuerlich geprägt und die Farmer bewirtschaften ihre Höfe im Nebenerwerb, ergänzte Professor Marty Matlock von der Universität Arkansas. Daher sieht Brent Babb vom Soybean Export Council auch keinen Grund, die Landwirtschaft aus den Verhandlungen herauszunehmen.

Die Tücke wird aber im Detail stecken. Für die EU sind mit Chlor desinfiziertes Geflügelfleisch, Antibiotika in der Rindermast und die Gentechnik allgemein rote Linien im Verhandlungs-Kapitel über die Landwirtschaft. (Quelle: aid)


Weniger Wildunfälle durch Duftzäune und Reflektoren

ADAC und DJV ziehen erste Bilanz eines Langzeitprojekts "Elektronische Wildwarnanlagen an Landstraßen"

Im Bemühen, Wildunfälle zu verhindern und die Sicherheit von Mensch und Tier zu steigern, sind der ADAC und der Deutsche Jagdverband (DJV) einen entscheidenden Schritt voran gekommen. Wie die Zwischenbilanz eines vierjährigen Forschungsprojekts zeigt, konnte durch den Einsatz von Duftzäunen und blauen Reflektoren die Zahl der Wildunfälle örtlich um bis zu 80 Prozent reduziert werden. Erprobt werden die Präventionsmaßnahmen an 25 Versuchsstrecken in Schleswig-Holstein, an denen besonders oft Wildunfälle passieren. Ziel ist es, in den nächsten beiden Jahren die langfristige Wirksamkeit der Maßnahmen wissenschaftlich zu untersuchen und ihren Einsatz zu optimieren. Unterstützt wird das Gemeinschaftsprojekt auch vom schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministerium, dem zuständigen Landesjagdverband und weiteren Organisationen. Für die Durchführung ist das Institut für Wildbiologie in Göttingen zuständig.

„Trotz jahrelanger Aktivitäten gegen Wildunfälle gab es bislang kaum belastbare wissenschaftliche Daten über die Wirksamkeit der verschiedenen Maßnahmen. Die ersten Ergebnisse des Projekts stimmen mich optimistisch und zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind“, so ADAC Präsident Peter Meyer auf einer Fachtagung von ADAC und DJV am Mittwoch in München. Auch DJV-Präsident Hartwig Fischer bewertet den Zwischenbericht der Forscher positiv: „Wir sollten alle technischen Möglichkeiten ausschöpfen, um Mobilität für Mensch und Tier zu gewährleisten. Denn Wildtiere kennen keine Warnschilder, müssen aber Straßen queren, um zu fressen oder Partner zu finden.“

ADAC und DJV arbeiten seit Langem gemeinsam an Lösungen, um Wildunfälle zu verhindern. Ein erfolgreiches Mittel sind Wildschutzzäune, die an besonders gefährdeten Autobahnen aufgestellt sind. Sie führen jedoch zu einer immer stärkeren Zerschneidung der Lebensräume der Tiere. Das 2012 verabschiedete Bundesprogramm zur Wiedervernetzung von Lebensräumen soll dem entgegentreten – die ersten 17 Grünbrücken konnten bereits finanziert werden. An Landstraßen sind elektronische Wildwarnanlagen eine preiswertere Lösung, die ebenfalls viele Wildunfälle verhindern kann.

Im Jahr 2012 ereigneten sich in Deutschland rund 2.500 Wildunfälle mit Personenschaden. Insgesamt wurden dabei etwa 3.000 Menschen verletzt, 20 starben. Der DJV ermittelte anhand einer vorläufigen Auswertung für das Jagdjahr 2012/2013 (April 2012 bis März 2013) knapp 210.000 Kollisionen zwischen Mensch und Tier. Dies entspricht einer Steigerung von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. (Quelle: ADAC)


Die Natur im Zugriff des Menschen: Die Geschichte im Schnelldurchlauf

Vom Homo erectus zum Neandertaler und zum Homo sapiens

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Quelle: Brigitta Möllermann, HESSENMAGAZIN.de