Ab 1. August geht es freilebenden Waschbären wieder an den Kragen

Montag, den 31. Juli 2017 um 10:39 Uhr Gut zu wissen - Umwelt
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Waschbären im Kobelt-Zoo in Frankfurt Schwanheim (c) HESSENMAGAZIN.de

[Hessen] Die Schonfrist für die kleinen Bären in Deutschland läuft am 1. August ab. Die Tiere, die irgendwann bei uns "einwanderten" bzw. von jemandem unbedacht freigelassen wurden, sind nicht wirklich gefährlich. Aber lästig. Vor allem, wenn man sie mit seinen Mülltonneninhalten "füttert". Dann ziehen sie bei uns ein, leben unter dem Dach, in Gartenschuppen und so. Es heißt, sie könnten Krankheiten übertragen. Das gilt aber auch genauso für Hunde, Hühner und Wildschweine. Doch die sind ja alle "heimisch", haben somit die Erlaubnis, sich in deutschen Häusern, Höfen und Wäldern aufzuhalten.

Der Waschbär polarisiert

Die Jäger freuen sich. Seit März mussten die Flinten in punkto nächtlicher Allesfresser im Schrank bleiben. Doch die Tierschützer lassen dazu wissen: "Die Jagd auf die Tiere hat bislang keinen Erfolg gezeigt, da frei werdende Reviere unmittelbar von anderen Waschbären besetzt werden. Eine tiergerechte und nachhaltige Lösung wäre dagegen die Kastration möglichst vieler Tiere, da ein kastrierter Waschbär weiter ein Revier besetzt und damit zu einer Reduktion der Population beträgt."

Kommentar von Brigitta Möllermann, HESSENMAGAZIN.de

Da wir Menschen es immer irgendwie geschafft haben, uns unliebsame Tiere vom Leib zu halten und sie oft sogar ausrotten konnten, sollten wir nachdenken, ob es sinnvoll ist, das Gleichgewicht der Natur zu stören.

Wie viele Jahre hat es gedauert, bis wir den Biber als "Fluss-Baumeister" wieder zurückholen konnten... Und auch über jeden zurückgekehrten Storch, der "überflüssige" Mäuse vom Feld frisst, freuen wir uns nun wieder.

Ich bin überzeugt: Würden wir nicht erlauben, Füchse, die kleinen Räuber im Wald, (fast) das ganz Jahr zu fangen und zu jagen und hätten wir nicht zusätzlich so einen Horror vor den ersten einwandernden Wölfen, würde sich die Natur in vielen Fällen ganz sicher selbst helfen!


Tierschützer kritisierten im Mai d. J. den pauschalen Freifahrtschein des hessischen Umweltministeriums

Das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat in einem Schreiben an die Obere Jagdbehörde und die Unteren Jagdbehörden mitgeteilt, dass Jagd- und Schonzeiten für Beutegreifer, etwa Waschbären, sowie Wildkaninchen nicht für befriedete Bezirke gelten. Der ordnungsgemäße Fang könne dort weiterhin ganzjährig erfolgen.

Der Deutsche Tierschutzbund und sein Landestierschutzverband Hessen kritisieren dies deutlich und haben sich mit einem Schreiben an das Ministerium gewandt.

„Die Aussage des Ministeriums, dass die von Tierschützern mühsam erkämpften neuen Schonzeiten bei der Bejagung nicht für befriedete Bezirke gelten, ist nicht haltbar – weder aus Tierschutzsicht, noch aus rechtlicher Sicht“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Es ist nicht einzusehen, dass die geschulte Jägerschaft Schonzeiten zum Schutz der Elterntiere und des Nachwuchses einzuhalten hat, während Laien, die sich gegen Waschbären oder Kaninchen auf ihren Grundstücken „zur Wehr“ setzen wollen, diese Regeln offenbar missachten können. Hier muss die Ministerin eingreifen.“

„Werden Elterntiere während der Schonzeit getötet, verendet der Großteil der verwaisten Jungtiere jämmerlich“, ergänzt Dr. Hans-Jürgen Kost-Stenger, Vorsitzender des Landestierschutzverbands Hessen. „Die Auslegung des Ministeriums hat auch Folgen für unsere Tierschutzvereine: Vermehrt landen Tierwaisen auch in den Tierheimen und Auffangstationen.“

Jagd in befriedeten Bezirken nur mit Ausnahmeregelung

Die Jagd darf in befriedeten Bezirken, etwa innerhalb von Ortschaften oder auf Friedhöfen, nur im Ausnahmefall gestattet werden. Allerdings verweist die entsprechende Regelung im hessischen Jagdgesetz auch für den Ausnahmefall auf den im Bundesjagdgesetz besonders bedeutsamen Grundsatz des Elterntierschutzes in der Brut- und Setzzeit. Das Bundesjagdgesetz gestattet den Bundesländern zwar von diesem Grundsatz abzuweichen, allerdings nur, wenn das Land dies „rechtlich tragfähig“ begründen kann.

Mögliche Gründe wären laut Gesetz etwa die Störung des biologischen Gleichgewichts oder eine schwere Schädigung der Landeskultur. Herausragende Gründe, die eine entsprechende Ausnahme rechtfertigen könnten, nennt das hessische Umweltministerium jedoch nicht.

Dass Tiere ganzjährig eine hinnehmbare Störung von Bewohnern darstellen können, reicht mithin für eine Einschränkung des Elterntierschutzes nicht aus. Der Deutsche Tierschutzbund hatte sich daher bereits an die hessische Tierschutzbeauftragte, Dr. Madeleine Martin, gewandt und hat nun das hessische Umweltministerium angeschrieben und um eine zeitnahe Einschätzung des pauschalen Schreibens gebeten.

Quelle: Deutscher Tierschutzbund


PS: Die Antwort auf das Schreiben steht noch aus...